Als Botschafter treffe ich ständig mit Menschen aller Nationalitäten zusammen, die nach den Auswirkungen des britischen Brexit-Votums vom 23. Juni fragen, und deshalb verfolge ich die Statistiken mit großem Interesse.
Ich habe hier ein paar Fakten und Zahlen zusammengestellt, die ich für besonders bemerkenswert halte.
Großbritannien hat dafür gestimmt, aus der EU auszutreten, aber es tritt nicht aus Europa aus. Wir wünschen uns auch weiterhin möglichst starke politische, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu unseren europäischen Nachbarn, ebenso wie zu anderen wichtigen Partnern in aller Welt.
Großbritannien ist zum Beispiel ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und Mitglied der NATO, G7, G20 und des Commonwealth. Hier in Wien engagieren wir uns in den UN-Organisationen, die sich der Bekämpfung der modernen Sklaverei, der Cyberkriminalität und des Drogenhandels widmen. Weitere Arbeitsgebiete sind die nukleare Sicherheit und Sicherungsmaßnahmen zur Verhinderung der Proliferation von Nuklearwaffen und zur Architektur des Atomwaffensperrvertrags. Großbritannien ist ein wichtiger Geldgeber für die in Wien sitzenden internationalen Organisationen: 2015/16 belief sich unser Beitrag zur IAEO auf rund £ 25 Mio. und zum ONODC auf £ 7 Mio.
Unser finanzielles Engagement steht unserem politischen also in nichts nach. Tatsächlich erfüllt Großbritannien als einziges größeres Land sowohl das Ausgabenziel der NATO von 2% des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung und das UN-Ziel von 0,7 % für Entwicklung.
Dass Großbritannien nach wie vor „offen für Geschäfte“ ist, zeigt sich nicht zuletzt in seiner anhaltenden Attraktivität für ausländische Investoren. So kaufte die japanische Softbank im Juli für £ 24,3 Mrd. die in Cambridge ansässige ARM Holdings, die Chips für Mobiltelefone herstellt. Im September gab Apple seine Pläne für den Umzug von 1400 Mitarbeitern in den kultigen Backsteinbau der Battersea Power Station am Südufer der Themse bekannt. Und die niederländische ING Bank kündigte im Oktober an, dass rund 60 Wertpapierhändler und andere Spezialisten für Finanzprodukte demnächst von London aus arbeiten werden.
Damit nicht genug. Am 8. November beschloss Nissan, die neuen Modelle des Qashqai und des X-Trail in Sunderland zu bauen. In dieser Superfabrik sollen dann pro Jahr 600.000 Fahrzeuge vom Band rollen, die 7000 Arbeitsplätze sichern. Ebenfalls im November kündigte Google seine Pläne für einen Campus in King’s Cross in London für 7000 Mitarbeiter an, wobei 3000 Stellen neu geschaffen werden. Facebook will in Fitzrovia (ebenfalls in London) eine Zentrale einrichten, in der 1500 Mitarbeiter beschäftigt werden sollen, darunter sind 500 neue hochqualifizierte Stellen.
Wenn ich über die britische Wirtschaft spreche, lasse ich manchmal auch die Tatsache einfließen, dass die britische Arbeitslosigkeit mit 4,9 % niedriger ist als in vielen anderen Ländern, während die Beschäftigungsquote mit 74,5 % ausgesprochen hoch ist.
Wien war schon immer eine Drehscheibe der Diplomatie. Man denke an den Wiener Kongress 1815 oder das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961. Heute leben und arbeiten hier rund 17.000 Diplomaten. Großbritannien wird dieses Netzwerk auch in den kommenden Monaten und Jahren nutzen, um wichtige Vorhaben zur Förderung von Frieden, Sicherheit, Menschenrechten, Wohlstand und Handel voranzubringen – und auch weiterhin eine konstruktive und verantwortungsbewusste Rolle in der Welt zu spielen.
P.S. In unserer Zusammenarbeit mit Österreich werden wir u.a. unsere erfolgreiche Reihe „Charles Stewart Conversation“ fortsetzen, eine Art Salon des 21. Jahrhunderts. Mehr dazu später.