Zum Weltkrebstag erläutert der italienische Krebsforscher Dr. Luca Magnani, wie die enge europäische Zusammenarbeit eine neue Entdeckung möglich gemacht hat
Was heißt es, im Jahr 2017 Krebsforscher zu sein? Es bedeutet, auf unglaubliche Technologien zugreifen zu können. Es bedeutet, mit den besten Wissenschaftlern unserer Zeit zusammen-arbeiten zu können. Es bedeutet, dass aus Patienten Partner werden, die zunehmend in die Forschung einbezogen sind.
Es bedeutet auch, mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, denn das ist entscheidend, um bessere Behandlungsmöglichkeiten für diese furchtbare Krankheit zu finden, damit wir künftig mehr Krebsüberlebende und weniger Krebstote haben.
Ich möchten Ihnen hier die Geschichte unseres jüngsten Durchbruchs in der Krebsforschung erzählen und deutlich machen, dass das ein wirklich europäischer Erfolg war.
Erst letzte Woche haben wir unsere Forschungsergebnisse publiziert, die zeigen, warum gängige Wirkstoffe gegen Brustkrebs, sogenannte Aromatase-Hemmer, bei manchen Patientinnen aufhören zu wirken. Unsere Studie, die in Nature Genetics erschienen ist, fand heraus, dass manche Brustkrebstumoren nach einer sogenannten Tumor-Evolution ihre “Nahrung” selbst produzieren und die Behandlung damit unwirksam machen können, so dass der Krebs zurückkommt.
Diese wichtige neue Erkenntnis eröffnet uns nun die Möglichkeit, den Patientinnen, deren Krebs zurückgekommen ist, andere und hoffentlich wirksamere Therapieoptionen anbieten zu können.
Ich bin Italiener und lebe und arbeite seit 2013 in Großbritannien. Hauptsächlich aber arbeite ich zusammen mit einem Team italienischer Wissenschaftler in Mailand, die ihre Ausbildung in vielen verschiedenen Ländern gemacht haben.
Das Forscherteam des Europäischen Instituts für Onkologie in Mailand ist schon vor längerer Zeit dazu übergegangen, bei Patientinnen, deren Brustkrebs zurückgekommen war, eine zweite Biopsie durchzuführen, also eine weitere Gewebeprobe zu entnehmen. Dieses Vorgehen klingt zwar sehr einleuchtend, ist jedoch eher schwierig. So entnehmen die Ärzte in Großbritannien in der Regel nur bei der ersten Krebsdiagnose eine Gewebeprobe, kaum jedoch bei einem Rezidiv.
Doch genau diese zweite Gewebeprobe war ausschlaggebend für unsere Studie, die die Tumor-Evolution vor und nach einer Behandlung untersucht hat. Und die italienischen Gewebeproben waren der Schlüssel zu unserer Entdeckung. Sie ermöglichten es unserem internationalen Team aus Studierenden, Technikern, Ärzten und Patienten, eindeutige Daten zu produzieren, die zeigen, wie Brustkrebstumoren evolvieren und gegen Wirkstoffe resistent werden, und dass die Wahl der Therapiemethode entscheidenden Einfluss auf die Tumor-Evolution haben kann. Unser Team arbeitet jetzt daran, einen Test zu entwickeln, mit dem festgestellt werden kann, wann ein Krebs evolviert hat. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass dies den Ärzten hilft, bessere Therapie-Entscheidungen zu treffen.
Die enge Zusammenarbeit mit unseren europäischen Freunden war enorm hilfreich, denn ohne sie hätten wir gar keinen Zugang zu den Biopsien gehabt, die sich als so ausschlaggebend für diese Entdeckung erwiesen haben. Die Forschungszusammenarbeit in Europa funktioniert deshalb so gut, weil wir wissenschaftliche Proben, Daten und Verfahren ohne Schwierigkeiten miteinander teilen können. Diese Zusammenarbeit wird für die Forschung auch in Zukunft lebenswichtig sein.
Forscher sind mit unheilbarem Optimismus geschlagen. Wir glauben daran, dass die Welt besser werden kann, dass wir Krebs heilen und den Fortgang des Klimawandels beeinflussen können. Als Wissenschaftler glaube ich an Daten und Fakten. In der Forschung zeigt sich deutlicher, als Worte es sagen können, wieviel mehr wir erreichen können, wenn wir zusammenarbeiten.
Dr. Luca Magnani ist Research Fellow am Imperial College London, Abteilung Chirurgie und Krebs